Direkt zum Hauptbereich

 


Losgelöst von aller Erdenschwere

 

Die Idee für diesen Text geht zurück auf eine Kurzgeschichte von Helge Timmerberg.


Wo bist du gerade? Zu Hause? Im Zug? Oder im Flugzeug? Wie spät ist es? Hast du heute noch etwas vor?

Ganz egal was es ist. Vergiss es! Du und ich, wir beide halten jetzt für eine kurze Zeit die Welt an. Ich zeige dir wie das geht. Gemeinsam tanken wir pure Kraft aus dem Meer der Energie.

Ist das schwer? - Nein, du wirst staunen wie einfach es ist. Bitte setze dich bequem hin. Der Fluss dieser Worte wird dich zu einem großen „A“ für „Ausatmen“ führen. Und das einzige was du tun musst, wenn du das große A siehst, ist, aufmerksam zu verfolgen, wie die Luft aus deinem Körper entweicht.

Bei dir alles klar soweit? - Also los:

A - aaah

Das war fürs erste schon alles. Und ganz automatisch hast du nach dem Ausatmen wieder eingeatmet, ohne auch nur darüber nachzudenken. So machst du das jeden Tag 20.000 Mal, völlig unbewusst. Doch nun wird es interessant. Wir gehen miteinander einen weiteren Schritt hin zur Quelle der Kraft.

Wie vorhin gebe ich dir wieder ein Zeichen. Nun nehmen wir ein „E“ für Einatmen. Alles was du beim Anblick des E`s tun musst, ist, deinen Bauchraum von unten bis hoch zur Brust mit Luft zu füllen. Mach es bitte durch die Nase.

Bist du bereit? Hier kommt das Zeichen:

E – ein-atmen

Wunderbar. Und automatisch atmest du danach wie gewohnt aus.

Nach dieser kleinen Vorbereitung sind wir nun soweit. Wir beide greifen gleich mit beiden Händen an die Quelle des Lebens und tanken dabei pure Lebensenergie.

Meinst du, das schaffst du? Ganz bestimmt schaffst du es. Wichtig ist nur, dass du beides, einatmen und ausatmen, bewusst langsam tust. Das ist der Trick dabei. Großes "E" bedeutet, langsam einatmen und großes "A" gemächlich und entspannt ausatmen.

Ok? - Also gut, wir fangen an:

E - ein-atmend folgst du dem Fluss dieser Worte, lese weiter, immer tiefer einatmen, langsam, noch tiefer, tiefer, drücke den Atem bis zum tiefsten Punkt deines Bauches. Halte ihn dort. Halte ihn. Noch länger! Gut.

A – ausatmend lässt du nun sämtliche verbrauchte Luft restlos aus deiner Lunge entweichen, mehr, noch mehr, solange bis wirklich das letzte Luftmolekül raus ist. - Super!

Wiederhole das bitte zwei Mal ...

Danach entspanne dich. Du hast es geschafft. Spürst du, wie leicht alles wird? Du warst gerade für einen kurzen Moment am Potenzial deiner Kraft. Am Energiereservoir des Universums. Eigentlich ist es nur für den Notfall da. Wenn dich zum Beispiel etwas erschreckt, dann läuft das was wir gerade zusammen gemacht haben bei dir im Körper automatisch ab, ohne dass dich jemand dazu auffordern muss. Bei wirklicher Gefahr stoppen deine Instinkte kurz deinen Atem und du holst dir damit eine große Portion Urenergie.

Aus diesem eingebauten Überlebensmechanismus der Natur entwickelten vor Tausenden von Jahren die indischen Fakire eine ähnliche Übung. Die Inder nennen sie Kundalini, Schlangenkraft. Und sie gehen etwas tiefer hinein und halten den Atem dort etwas länger als du es eben getan hast. Sie wiederholen das auch öfter und manche praktizieren es sogar Tag und Nacht. Ich denke, das geht zu weit. Aber immer wenn du dich erschöpft fühlst, absolut fertig, müde und kaputt, falls nichts mehr geht, aber noch alles gehen muss, weil noch eine anstrengende Tätigkeit vor dir liegt, dann kannst du diesen Quell der Lebensenergie direkt anzuzapfen, so wie wir es eben zusammen getan haben.

Bist du jetzt wach?

Glaubst du wirklich, dass du wach bist? Spürst du selbst beim lesen, was um dich herum vorgeht? Nimmst du Bewegungen wahr, noch bevor sie ausgeführt werden? Fühlst du, ob jemand hinter dir steht? Bist du reif für die Prüfung der Samurai?

Die Samurai waren die Ritter Japans. Man erzählt sich Wundergeschichten über sie. Diese zum Beispiel: Drei Samurai werden gebeten, nacheinander einen Raum zu betreten. Hinter der Tür steht ein Mann mit einem Schwert. Der erste Samurai tritt ein und verliert den Kopf. Der zweite sieht den Feind immerhin noch früh genug, um nur einen Arm zu verlieren. Der dritte bleibt vor der Tür. Er hat die Spannung seines Feindes gespürt. Der Mann war wach.

Wir sind wieder beim Atem. Wir werden immer wieder bei ihm sein. Er ist der große Transformator. Mit dem Atem können wir verborgene Energiezentren aufladen und überstrapazierte Energiezentren entspannen.

Energiezentren? Haben wir noch nicht erwähnt. Die indischen Yogis ordnen jede Art von Energie bestimmten, genau definierten Körperzonen zu, die sie Chakras nennen. Das ist nicht spezifisch indisch. Das Wissen um die Chakras findest du in allen Kulturen der Welt, bei den Chinesen, bei den Japanern, den Derwischen des Orients und bei den abendländischen Mystikern. Ein wichtiges Chakra lokalisiert die traditionelle chinesische Medizin genau eineinhalb Daumen breit unterhalb des Nabels. Es ist ein Akupunkturpunkt, den die Chinesen Qi Hai - „Chi Hai“ gesprochen - Meer der Energie nennen und die Japaner Hara. Für sie ist er die Achse, um die sich ihre Kampfsportarten drehen. Die Inder sprechen vom Chakra des Willens.

Das bedeutet, mit solchen regelmäßigen Atemübungen stärkst du auch automatisch deine Willenskraft. Denn das ist alles, was du tun musst. Konzentriere dich dabei auf die Bauchatmung. Wenn du mit dem Bauch atmest und der Qi Hai unterhalb deines Nabels der Punkt ist, um den sich bei dir alles dreht, dann kommt der Wille von alleine zurück. Denn da ist er zu Hause.

Die Derwische im Orient nutzen diese uralte Technik, in dem sie im Rhythmus der Trommeln tanzend mit ihren nackten Füssen auf den Lehmboden der Gassen stampfen, solange bis sich in Ekstase ihre Chakras öffnen und sie zum Zentrum der Lebensenergie vordringen. Derwische sind eine harte Truppe, um einiges härter als du und ich. Man könnte sie auch als die Yogis des Orients bezeichnen. Sie würden dir Folgendes sagen:

Was ist dein Auto, dein Haus, deine Karriere, dein Ego, was ist das gegen die Kraft? Glaubst du, sie sei dafür da, um sich mit diesem Kleinkram zu beschäftigen? Die Kraft treibt Galaxien durchs Weltall, sie hält diesen Planeten zusammen und sie kümmert sich um das regelmäßige Schlagen deines Herzens. Immer und überall sorgt die Kraft dafür, dass das Leben weitergeht. Die Kraft ist das Leben. Und wenn sie mitbekommt, dass du sie erzwingen willst, anstatt sie fließen zu lassen, dann entzieht sie sich dir und reißt dich in tausend Stücke. Und dann, oh Freund, bist du nicht mehr da!

Alles klar? So würden diese Jungs mit dir reden, und so leid es mir tut, sie haben recht. Das Wesen der Kraft zu verstehen, das ist die finale Technik. „Cosmic Power“ sagen die Yogis, „Satori“ nennt es der Zen-Meister. Es ist die Auflösung des Egos in der Kraft, und darüber kann man kaum noch reden. Da gibt es nur noch eines:

Nimm dich selbst nicht so wichtig. Damit fängt es an. Und damit hört es auf.

 

 ---


Auch Johann Wolfgang Goethe thematisiert im folgenden Gedicht die Schlüsselfunktion des Atems für unser spirituelles Erleben.

 
 Im Atemholen sind zweierlei Gnaden:
Die Luft einziehen, sich ihrer entladen;
jenes bedrängt, dieses erfrischt,
so wundersam ist das Leben gemischt.
 
Du, danke Gott, wenn er dich presst,
und dank ihm, wenn er dich wieder entlässt.
Einatmend und verharrend in der Fülle
fühl ich: in mir lebt Gottes Wille.
 
Ausatmend und verharrend in der Leere
löst sich mein Ich von aller Erdenschwere.
So atme ich mich wunderbarerweise
hinein in Gottes Schwingungskreise.

---

 

Breathe to Heal, Max Strom




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

  Freudenfunken
 Zucker wirkt auf deinen Körper so, wie Streusalz im Winter auf`s Auto. Schleichend schädigt er ihn. - Doch eine Heilung ist möglich.
  Freiheit ist nur eine anderes Wort für: "Ich hab nichts zu verlieren! Mir reicht es vollkommen aus, mich gut zu fühlen."